Mehr 30 Millionen Menschen. Wieviele genau, das weiß keiner bei dem ständigem Zustrom von Arbeitskräften von den anderen indonesischen Inseln auf die Hauptinsel Java. Geschätzte 12 Milionen Bewohner leben im Herzen der Stadt, der Rest im Großraum Jakarta.

Und dass die chinesische Minderheit nicht die beliebteste, aber eine sehr dominante in dieser Milionen-Metropole ist, zeigt sich bereits am Weg vom Sukarno Hatta International Airport in die Stadt. Der junge Taxifahrer erzählt ziemlich unbekümmert über die unbeliebten Mitbewohner und dass viel zu viele in der Stadt leben, angeblich um die drei Millionen.

Im chinesischen Handels- und Geschäftsviertel Glodok, das nach Ausschreitungen holländischer Extremisten 1740 und der Ermordung von 10.000 Chinesen außerhalb der Mauern von Alt-Batavia entstanden ist, liegt heute das gewerbliche Zentrum Jakartas. Insider sagen, dass rund 50 Prozent des indonesischen Geldumlaufs durch diese größte chinesische Stadt Indonesiens fließt. 1998 waren bei antichinesischen Ausschreitungen viele Gebäude beschädigt oder niedergebrannt worden, was der Dominanz der Minderheit aber keinen Abbruch tat.

Wer um das Chinesische Neujahrsfest nach Jakarta kommt, hat an vielen Orten der Metropole den Eindruck, in einer sehr chinesischen Stadt zu sein. Hotels, Kaufhäuser und Straßen sind festlich in sattes Rot getaucht, überall Lampions und Geschenkpakete, die zum Neujahrsfest verschenkt werden.

Jabodetabek wird der Großraum rund um Indonesiens Hauptstadt genannt – eine Abkürzung aus den Anfangsbuchstaben der Städte Jakarta, Bogopr, Depok, Tangerang und Bekasi, die hier seit vielen Jahren kontinuierlich zusammen wachsen. Für einen gelernten Österreicher eine unvorstellbare Zahl an Menschen, die hier am Mündungsufer des Chiliwung-Flusses leben und arbeiten.

Big Durian, die große Stinkfrucht, nennen die Einwohner ihre Stadt liebevoll – wer den Geruch der Durian-Frucht kennt, wird verstehen warum. Sie spaltet die Gemüter ebenso wie der Moloch Jakarta. Die einen lieben und die anderen meiden sie. Die Durian und auch diese Stadt.

Seit dem letzen Besuch in Jakarta sind mehr als 20 Jahre ins Land gezogen. Die Stadt hat sich sichtbar verändert. Moderne Hotel, Finanz- und Geschäftsviertel ziehen sich entlang der mehrspurigen Straßen. Viele Motorräder sind von unzähligen Autos verdrängt worden, die 24 Stunden am Tag die Straßen verstopfen. Wirkte die Stadt schon damals auf der Suche nach einer Autovermietstation riesig, so hat sie heute für Europäer kaum vorstellbare Dimensionen angenommen.

Jakarta ist mit Sicherheit eine Stadt der Extreme. Neben den Prachtbauten reihen sich Wellblechhütten entlang der Klongs, die noch nicht zubetoniert wurden. Die toten, stinkenden Gewässer sind immer noch häufig Quelle von Krankheiten, oft die einzige Möglichkeit für die Gestrandeten der Stadt, die Kleidung zu waschen. Frischwassertank ist rar, Strom ebenfalls. Deshalb sieht man überall in öffentlichen Gebäuden auf den Toiletten Mädchen und junge Frauen, die dort ihre Morgenkosmetik erledigen, sich Haare fönen oder diese mit dem Lockenstab drapieren. Vor der einzigen Steckdose ist manchmal Stau.

Im Sunda Kelapa tummeln sich heute noch alte Lastensegler. Ähnlich wie am Dubai-Greek werden hier zwar keine Gewürze, aber viele andere Güter verladen, die mit den urigen Frachten-Seglern in die ganze Welt verschifft werden. Hier im Segelhafen sind im 15. Jahrhundert portugiesische Schiffe aus Goa, Malakka und Macao vor Anker gegangen. Er war zentraler Umschlaghafen für das „Gold“ der Neuzeit, herrliche Gewürze von den nahegelegenen Gewürzinseln, den Molukken.

Einst hinduistisches Großreich, das 1527 vom islamischen Prinzen Fatahillah erobert und in Jayakarta, was soviel wie „großer Sieg“ bedeutet, umbenannt wurde. Es folgten die Holländer mit der niederländischen Ostindien-Kompanie und eine mehr als 300 Jährige wechselvolle Kolonialgeschichte. Die Stadt Batavia war militärische Kommandozentrale, Handelsstützpunkt und Verwaltungssitz und bald schon das Zentrum des fernöstlichen Weltreiches der Niederländer. Als Königin des Ostens erlebte die Stadt Blüte und Nidergang durch wirtschaftliche Krisen und Epedemien. Während der japanischen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg erhielt die Stadt als Zugeständnis an die indonesischen Nationalisten den Namen Jakarta.

Heute ist Jakarta Regierungssitz und beginnt langsam nicht nur im Verkehr zu ersticken, sondern auch im Meer zu versinken. Grund dafür ist unter anderem der ständige Grundwasserentzug. Auch deshalb wird seit Jahren überlegt, nach dem Vorbild von Myanmar eine neue, moderne Hauptstadt abseits von Java zu erreichten. Unter anderem ist Sulawesi als neuer Stadtort im Gespräch.

Die Einheimischen halten nichts von den Plänen. Sie haben sich in der Anonymität der Großstadt eingerichtet. In den glitzernden Stahl- und Glaspalästen ebenso wie in den Wellpappe-Hütten. Dem tagtäglichem Verkehrschaos versuchen sie mit Gelassenheit aber auch Kreativität zu begegnen. Die GoJek Companie, die Mopedtaxis zu günstigen Preisen anbietet, hat aus der Not eine Tugend und auch gutes Geschäft gemacht. Überall in der Stadt sieht man die grün-grauen Jacken der Taxler, die einem mit dem Zweirad vorbei an Autokolonnen zum gewünschten Ziel chauffieren.

Mittlerweile finden sich auch in anderen Städten ähnliche Modelle. Am Weg vom Manado Airport auf Nord-Sulawesi in die Stadt fahren wir mit dem Taxi an vielen grün-schwarzen GoJek Jacken vorbei. Manado ist idealer Ausgangspunkt, wenn man weiter Richtung Südosten nach West-Papua, Raja Ampat oder die Molukken will.